Bereits geschlechtsneutrale Personenwörter

Hinweis: Die Erläuterungen und Empfehlungen auf dieser Seite wurden bisher noch nicht in unseren Online-Foren diskutiert und zur Abstimmung gestellt, sondern nur von den beiden Vereinsvorsitzenden Marcos Cramer und Averyn Hiell ausgearbeitet.

Einige Personen-Substantive sind bereits eindeutig geschlechtsneutral und benötigen wie Person, Mensch und Kind keine inklusivische Ausweichform. Sie können hilfreich sein, um das generische Maskulinum zu umgehen, ohne auf neuartige Formen zurückzugreifen.

Wie auf der Seite „Wieso nicht beim generischen Maskulinum bleiben?“ erläutert, stimmt in der deutschen Sprache häufig das grammatische Geschlecht eines Personenwortes mit dem Geschlecht der bezeichneten Person überein, wobei es dazu aber auch verschiedenartige Ausnahmen gibt, unter anderem im Zusammenhang mit eindeutig geschlechtsneutralen Wörtern. So ist zum Beispiel Mensch grammatisch männlich (= maskulin), obwohl es für einen Menschen beliebigen Geschlechts verwendet werden kann. Gleiches gilt für das grammatisch weibliche (= feminine) Wort Person. Außerdem sind im Neutrum stehende Personenbezeichnungen wie Mitglied allgemein geschlechtsneutral (sofern es sich nicht um Wörter handelt, die wie Mädchen mit dem Suffix -chen gebildet sind).

Auf dieser Seite versuchen wir, einen möglichst vollständigen Überblick über solche geschlechtsneutralen Personenbezeichnungen zu geben, wobei wir diese wie folgt in verschiedene Kategorien einordnen:

  • Neutra: Mitglied, Opfer, Gegenüber, Individuum
  • Maskulina: Gast, Vormund, Anarcho, Hetero, Homo, Normalo, Realo, Mensch
  • Feminina: Waise, Geisel, Koryphäe
  • auf ‑ling: Flüchtling, Liebling u. a.
  • nicht ausschließliche Personenwörter: Charakter, Wache, Genie, Idol, Ikone, Majestät, Besuch, Autorität, Persönlichkeit, Kauz, Unikum, Unikat, Original
  • Zusammensetzungen: Oberhaupt, Schöngeist, Leseratte, Bücherwurm, Vorbild, Paradiesvogel, Lehrkraft, Hilfskraft, Putzkraft
  • Verwandtschaftsbezeichnungen: Kind, Enkelkind, Elter, Elternteil, Geschwister
  • Anglizismen: Fan, Star, Boss, Clown, Punk, Hippie, Freak, Nerd, Model
  • Kurzwörter: Profi, Studi, Admin
  • Substantivierte Adjektive: Abgeordnete(r), Angestelleter(r) u. a.
  • mit tauschbarem Genus: Karateka, Aikidoka, Judoka, Barista
  • Gruppenbezeichnungen: Leute, Publikum u. a.

Wir empfehlen, für fast alle auf dieser Seite aufgeführten Substantive, die bisher maskulin sind, inklusivische Artikel zu verwenden:

de Gast, de Flüchtling, de Charakter, de Fan, de Profi etc.

In unserem Empfinden werden diese Wörter in bestimmten Kontexten trotz ihrer geschlechtsneutralen Bedeutung von vielen als männlich wahrgenommen, vor allem wenn sie verwendet werden, um eine neue Person einzuführen, deren Geschlecht der angesprochenen Person noch unbekannt ist: „Ich habe mich gestern mit einem Flüchtling unterhalten, der in unserem Haus wohnt.“ Hier würde die andere Person mit großer Sicherheit annehmen, es handle sich um einen männlichen Flüchtling, und es könnte verwirren, wenn später enthüllt wird, dass sie weiblich ist. Die männliche Konnotation wird noch verstärkt durch das Relativpronomen der in der in unserem Haus wohnt.

Nur bei zusammengesetzten Wörtern wie Bücherwurm, bei denen das zweite Element kein Personenwort ist, wäre es aus unserer Sicht besser, beim Maskulinum zu bleiben.

Mitglied und andere Neutra

Das Wort, das wohl am häufigsten irrigerweise gegendert wird, ist Mitglied. Es handelt sich um ein Neutrum (das Mitglied), was bereits ein eindeutiger Hinweis darauf ist, dass es nicht durch Anhängen von -in zu einem weiblichen Personenwort umgewandelt werden kann. Dennoch tritt immer wieder die Form Mitglieder*innen auf, wohl wegen der Endung -er im Plural, die an Ausdrücke wie die Schüler erinnert, die ja gegendert werden (die Schüler*innen).

Auch auf die Wörter Opfer und Gegenüber wollen wir hinweisen, denn auf den ersten Blick könnte gedacht werden, auch sie fielen in die Gruppe der maskulinen Personenbezeichnungen, die auf -er enden (Lehrer, Schüler, Gegner etc.). Doch es heißt das Opfer und das Gegenüber, womit die beiden Substantive genauso wenig wie Mitglied zu einem Femininum oder Inklusivum abgeleitet werden können.

Das Wort Individuum gehört ebenfalls in die Gruppe der grammatisch neutralen Personenbezeichnungen.

Gast und andere Maskulina

Weniger eindeutig ist der Fall Gast, denn hier handelt es sich um ein Maskulinum (der Gast). Dieses Wort kann sich auf eine Person beliebigen Geschlechts beziehen und wird im Singular, anders als ein Substantiv wie Lehrer, auch für eine weibliche Person verwendet: „Sie ist mein Gast.“ Tatsächlich führt der Duden auch die Form Gästin auf (mit dem Hinweis „selten“), schreibt allerdings beim Eintrag zu Gast: „zur Bewirtung oder vorübergehenden Beherbergung eingeladene oder aufgenommene Person“ und sogar ganz explizit: „Besucher, Besucherin eines Lokals“, obwohl bei Einträgen zu Personenwörtern wie Lehrer, die standardmäßig eine männliche Person bezeichnen, mittlerweile immer explizit „männliche Person, die“ geschrieben wird: „männliche Person, die an einer Schule unterrichtet“ (vom Eintrag zu Lehrer). Das Problem der möglichen männlichen Lesart von Gast verschwindet unseres Erachtens fast gänzlich, wenn das Wort im Inklusivum verwendet wird (also de Gast).

Das Wort Vormund ist in dieser Hinsicht ähnlich schwierig wie Gast. Es gibt zwar die weiblichen Formen Vormundin, Vormündin und Vormünderin, doch der Begriff wird auch in der maskulinen Form häufig für spezifische weibliche Personen verwendet. Deshalb empfehlen wir, den Begriff so zu behandeln wie Gast.

Einige maskuline Personensubstantive enden auf ‑o, können aber laut Duden geschlechtsneutral verwendet werden: Anarcho, Hetero, Homo, Normalo, Realo. Aufgrund des grammatischen Geschlechts und der romanischen Sprachen, in denen die Endung ‑o meistens maskulin ist, könnten diese Wörter als unpassend für Frauen oder nichtbinäre Personen empfunden werden. Dem könnte, wenigstens teilweise, durch die Verwendung des inklusivischen Artikels, entgegengewirkt werden: de Anarcho.

Das Maskulinum Mensch hingegen ist ohne jeden Zweifel geschlechtsneutral.

Person und andere Feminina

Die Wörter Person, Waise, Geisel und Koryphäe gehören zu den wenigen bereits geschlechtsneutralen Personenwörtern, die feminin sind (einmal von einigen Substantiven wie Wache oder Lehrkraft abgesehen, die nicht ausschließlich dafür verwendet werden, um auf Personen zu verweisen, s. den übernächsten Abschnitt). Wir sehen es zwar als gerechtfertigt an, dafür auch den inklusivischen Artikel de zu verwenden (de Person, de Waise, de Geisel, de Koryphäe), empfehlen es aber nicht explizit.

Substantive auf -ling

Eine recht große Gruppe von bereits geschlechtsneutralen Personenwörtern besteht aus Substantiven, die auf ‑ling enden. Da sie alle maskulin sind, gibt es zwar die Praxis, Ausweichformen zu verwenden (z. B. Geflüchtete statt Flüchtlinge), doch die Substantive auf ‑ling werden in Bezug auf spezifische Personen deutlich häufiger geschlechtsneutral gebraucht als Substantive wie Schüler oder Student, die eine weibliche Entsprechung auf ‑in haben. Daher empfehlen wir, bei Personenwörtern auf ‑ling lediglich den Artikel zu verändern: de Flüchtling, de Liebling. Hier die wichtigsten Personenwörter auf ‑ling (abwertende Begriffe führen wir nicht auf): Abkömmling, Ankömmling, Eindringling, Erdling, Flüchtling, Fremdling, Günstling, Häftling, Häuptling, Jüngling, Lehrling, Liebling, Neuling, Pflegling, Prüfling, Säugling, Schützling, Sträfling, Täufling, Zögling, Zwilling.

Nicht ausschließliche Personenwörter

Es gibt eine Handvoll Substantive, die in ihrer ursprünglichen Bedeutung keine Person beschreiben und erst später zusätzlich eine dementsprechende spezifischere Semantik ausgeprägt haben. Dazu gehört zum Beispiel das Maskulinum Charakter. Neben „Gesamtheit der Persönlichkeitsmerkmale eines Individuums“ kann es auch „Figur in einem Film, Stück oder Buch“ heißen. Doch da das Wort keine weibliche Form auf ‑in hat, sondern in der maskulinen Form auch für weibliche Personen verwendet wird, empfehlen wir in Kontexten, in denen Charakter als Personenbezeichnung verwendet wird, nur den Artikel zu ändern und kein inklusivisches ‑e ans Substantiv anzuhängen: de Charakter. Alternativ kann auch das Wort Figur verwendet werden, bei dem wir allerdings nicht empfehlen, es im Inklusivum zu verwenden.

Das Substantiv Wache bezeichnet nicht nur eine Polizei- oder Feuerwehrstation, den Wachdienst oder die Personen, die diesen durchführen, sondern auch eine einzelne Person, die etwas bewacht. Es ist ein Femininum und wird allgemein für Personen beliebigen Geschlechts verwendet. Eine Verwendung des inklusivischen Artikels ist möglich (de Wache). Wenn keine der beiden Varianten (die Wache/de Wache) überzeugt, kann auch de Wächtere verwendet werden.

Die Substantive Genie, Idol und Ikone werden häufig als geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen verwendet, obwohl sie in ihrer ursprünglichen Bedeutung eine Eigenschaft oder einen Gegenstand bezeichnen. Ähnlich wie bei Figur empfehlen wir nicht, sie im Inklusivum zu verwenden. Auch Majestät wird häufig als Personenwort verwendet, wobei es entweder mit Eure verbunden wird (Eure Majestät, eindeutig geschlechtsneutral) oder mit Ihre bzw. Seine, je nach Geschlecht. Wenn, z. B. in einer Fantasy-Geschichte, ein nichtbinäre Herrschere erscheinen soll, bietet sich entweder Eure oder Ense Majestät an.

Auch das Wort Besuch ist hier ein Sonderfall, da es seltener als Personenwort verwendet wird als für das abstrakte Konzept oder die Tätigkeit. Deshalb empfehlen wir, auch in der Bedeutung ‚Gast‘ wie üblich der Besuch und nicht de Besuch zu verwenden. Genauso verhält es sich mit den Wörtern Autorität und Persönlichkeit. Auch die Wörter Kauz, Unikum, Unikat und Original beziehen sich wohl häufiger nicht auf Personen als schon.

Zusammensetzungen

Die Substantive das Oberhaupt, der Schöngeist, die Leseratte, der Bücherwurm, das Vorbild und der Paradiesvogel sind zusammengesetzt und das jeweils zweite Element (Haupt, Geist, Ratte, Wurm, Bild, Vogel) wird für gewöhnlich nicht als Personenwort verwendet. Doch in ihrer vollen, zusammengesetzten Form sind sie ausschließlich Personenwörter (bis auf Vorbild und Paradiesvogel, die manchmal auch in generellerer Bedeutung verwendet werden). Für diese Untergruppe empfehlen wir, das ursprüngliche Genus beizubehalten, also bspw. auch der Bücherwurm zu sagen, wenn es nicht um eine männliche Person geht.

Ähnlich verhält es sich mit Wörter wie Lehrkraft, Hilfskraft und Putzkraft, die auf ‑kraft enden. Einige empfinden diese Wörter allerdings als entmenschlichend. Statt Lehrkraft und Putzkraft bietet sich de Lehrere bzw. die Putzperson an.

Verwandtschaftsbezeichnungen

Es gibt einige wenige Verwandtschaftsbezeichnungen, welche bereits geschlechtsneutral sind: das Kind, das Enkelkind, das Elter, das Elternteil, das Geschwister. Besonders Elter und Geschwister werden bisher selten im Singular verwendet. Natürlich ist Kind nicht nur eine Verwandtschaftsbezeichnung und ist auch in der Bedeutung „junger Mensch“ geschlechtsneutral. Auf der Seite Neologismen gehen wir ausführlicher auf Verwandtschaftsbezeichnungen ein.

Anglizismen

Auf der Seite Ausnahmeformen weisen wir im Abschnitt „Anglizismen“ bereits auf Substantive aus dem Englischen hin, die im Deutschen, anders als Anglizismen wie Influencer, normalerweise nicht gegendert werden, obwohl sie maskulin sind. Beispiele dafür sind Boss, Clown, Fan, Freak, Hippie, Nerd, Punk und Star. Das Wort Model ist ebenfalls ein aus dem Englischen entlehntes bereits geschlechtsneutrales Substantiv, doch im Gegensatz zu den anderen hier aufgeführten ist es ein Neutrum.

Kurzwörter

Eine weitere Gruppe von maskulinen Personenwörtern, die nicht gegendert werden, sind Kurzwörter wie Profi (von Professionist) und Studi (von Student). Auch das Wort Admin (von Administrator) ist ein solches Kurzwort und braucht aus unserer Sicht keine inklusivische Form zu erhalten, obwohl manchmal auch die gegenderte Form Admin*a (wohl von spanisch administradora) verwendet wird.

Substantivierungen

Im Deutschen gibt es eine Handvoll substantivierte Adjektive, die sich als feste Personenbezeichnung durchgesetzt haben, ohne eine echt-substantivische Alternative zu haben, z. B. Abgeordnete(r), Angestellte(r), Auszubildende(r), Beauftragte(r), Behinderte(r), Bekannte(r), Blinde(r), Deutsche(r), Deutschsprachige(r), Englischsprachige(r) (natürlich möglich mit jeder Sprache), Erwachsene(r), Gleichgesinnte(r), Heterosexuelle(r), Homosexuelle(r), Jugendliche(r), Verlobte(r), Verwandte(r), Vorsitzende(r); Erste(r), Zweite(r), Dritte(r) etc. Die Substantivierung die Versammelten kommt aufgrund ihrer Bedeutung ausschließlich im Plural vor.

Wir führen Substantivierungen in dieser Liste auf, da bei ihnen im Plural keine Unterscheidung zwischen maskulin und feminin existiert. Im Singular allerdings durchaus: der Verlobte vs. die Verlobte. Um diesen Wörtern auch im Singular eine geschlechtsneutrale Bedeutung zu geben, empfehlen wir die Verwendung des inklusivischen Artikels: de Verlobte. Eine Endung, die von der im Maskulinum und Femininum abweicht, ist nur vonnöten, wenn das Wort ohne Artikel auftritt. In diesem Fall wird die starke Endung ‑ey verwendet (mehr dazu hier).

Als Alternative zum Gendern mit Sonderzeichen ist es schon Usus geworden, Partizipien wie Studierende oder Geflüchtete zu verwenden. Diese sind allerdings, wie alle anderen substantivierten Adjektive, nur im Plural geschlechtsneutral. Außerdem ist diese Methode nicht systematisch auf alle Personenwörter anwendbar, wodurch sie schnell auf Grenzen stößt.

Personenwörter mit tauschbarem Genus

Es gibt eine Handvoll Personenwörter, die ohne Änderung am Substantiv sowohl feminin als auch maskulin sein können und deren Plural somit geschlechtsneutral ist, sehr ähnlich wie bei den Substantivierungen: die (weibliche) Karateka, der (männliche) Karateka. Zu dieser Gruppe gehören Lehnwörter wie Judoka, Aikidoka, Karateka und Barista und Neuschöpfungen aus fiktionalen Welten wie Jedi und Sith aus Star Wars. Bei Letzteren ist der Grund für die Alternierbarkeit des Genus oft, dass sie aus dem Englischen kommen, wo es keine grammatischen Geschlechter gibt. Außerdem fallen Vornamen und Nachnamen in diese Gruppe (Erstere zumindest solange sie unisex sind): die Kim, der Kim; die Schmidtder Schmidt.

Bei Substantiven dieser Gruppe bietet sich ebenfalls an, sie einfach mit inklusivischen Artikeln zu verwenden: de Karateka, de Kim. Dabei tritt allerdings das Problem auf, dass sie in Kombination mit Artikeln des ein-Paradigmas wirken wie Maskulina: ein Karateka, ein Kim. Da die Gruppe derartiger Personenwörter aber verschwindend klein ist bzw. Personennamen nur selten mit Artikeln des ein-Paradigmas verwendet werden und das Problem nur im Nominativ und nur in Abwesenheit eines Adjektivs besteht (vgl. ein schnelle Karateka, ein andere Kim), ist dies aus unserer Sicht zu verkraften.

Gruppenbezeichnungen

Das Wort Leute ist eindeutig geschlechtsneutral und kommt lediglich im Plural vor. Es gibt daneben einige Substantive, die im Singular eine Gruppe von Menschen bezeichnen. Diese können hilfreich sein, um das generische Maskulinum im Plural zu vermeiden (z. B. das Publikum statt die Zuschauer, mein Team statt meine Kollegen, die Bevölkerung statt die Bewohner). Solche Gruppenbezeichnungen sind unter anderem: Bevölkerung, Clan, Ethnie, Familie, Gemeinde, Gemeinschaft, Gesellschaft, Gruppe, Gruppierung, Kollektiv, Kongress, Publikum, Pulk, Senat, Stamm, Team, Versammlung, Volk usw. Viele davon bezeichnen auch ein abstraktes Konzept, wobei die Personengruppenbezeichnung durch Metonymie davon abgeleitet ist (z. B. „Der Senat hat entschieden, …“). Mittels Metonymie wird auch häufig ein Land stellvertretend für dessen Bevölkerung oder Regierung benutzt: „Deutschland hat entschieden, …“.