De-e-System

Hinweis: Unter der Adresse dieser Seite wurde ursprünglich das Dey-e-System erläutert, das jetzt nicht mehr aktiv beworben wird, aber noch auf einer Archivseite gefunden werden kann. Wer Infos zum geschlechtsneutralen Pronomen „dey“ oder möglichen Deklinationsweisen dieses Pronomens sucht, kann hier schauen.

Auf dieser Seite präsentieren wir das geschlechtsneutrale De-e-System. Es basiert auf einem zweijährigen kollektiven Entscheidungsprozess, bei dem wir in Online-Diskussionen und Umfragen ermittelt haben, welche Formen unter Deutschsprachigen, die sich für ein solches geschlechtsneutrales System interessieren, am beliebtesten sind. Die vorgeschlagenen geschlechtsneutralen Formen bilden ein neues Genus (grammatisches Geschlecht), das Inklusivum genannt wird.

Uns ist wichtig zu betonen, dass wir mit unserem Vorschlag keine Sprachformen vorschreiben, sondern lediglich mehr sprachliche Flexibilität und Freiheit schaffen wollen. Unser Vorschlag richtet sich also an diejenigen, die praktische geschlechtsneutrale Formen im Deutschen vermissen. Wer keine Notwendigkeit für ein solches System sieht, braucht es natürlich nicht zu verwenden. Und wer lediglich mit den von uns vorgeschlagenen Formen nicht zufrieden ist, kann selbstverständlich gerne alternative Formen ausprobieren.

Außerdem wollen wir darauf hinweisen, dass im Plural nur die Substantive eine eigene inklusivische Form erhalten. Die herkömmlichen Pluralformen der Artikel, Pronomen und Adjektive sind bereits geschlechtsneutral.

Pronomen

Wir respektieren und unterstützen es, dass jede Person selbst entscheiden kann, welches Pronomen für sie verwendet werden soll. Das soll sich durch unseren Vorschlag nicht ändern. Es gibt bei vielen aber auch den Wunsch, dass sich ein geschlechtsneutrales Pronomen im Sprachgebrauch so weit etabliert, dass es jede Person für sich auswählen kann, ohne ständig erklären zu müssen, wie es funktioniert – ähnlich wie beim singular they im Englischen. Ein solches allgemeines geschlechtsneutrales Pronomen kann zudem verwendet werden, um über eine unspezifische Person beliebigen Geschlechts zu sprechen oder über eine spezifische Person, deren Pronomen unbekannt ist.

In dem von uns vorgeschlagenen Formensystem lautet die Grundform des allgemeinen geschlechtsneutralen Pronomens en. Das e wird wie in es kurz gesprochen. Das n ist der häufigste Konsonant in der deutschen Sprache, und die Kombination en kommt in unzähligen Wortendungen vor, wodurch diese Grundform für Deutschsprachige sehr leicht aussprechbar ist.

Die Possessivform lautet ens. Diese Form wird wie die bisherigen Possessiv-Artikel dekliniert: ens Auto, ense Jacke, an ensem Geburtstag.

Im Dativ wird die Form em verwendet, in Anlehnung an die Dativform des Artikels, die ebenfalls auf ‑m endet (derm, einerm, jederm etc.). Die Akkusativform lautet wie die Grundform.

inklusivischmaskulinfeminin
Nominativformenersie
Possessivformensseinihr
Dativformemihmihr
Akkusativformenihnsie
Deklination des inklusivischen Personalpronomens
(feminine und maskuline Formen als Referenz)

Die nur sehr selten benötigte Genitivform lautet enser, analog zu bspw. ihrer und seiner: „Wir gedenken enser.“

Substantive

Regelmäßige Substantive

Die geschlechtsneutrale Singularform der Substantive wird allgemein durch die Endung ‑e gebildet: Schülere, Autore, Studente.

Wenn sie wie Kollege bereits auf ‑e enden, wird ein r eingefügt: Kollegere, Kundere, da die Aussprache eines doppelten e unklar wäre.

Bei Wörtern, deren maskuline Form im Plural auf ‑e endet, kann entweder ‑e oder ‑ere angehängt werden: Freunde, Friseure oder Freundere, Friseurere.

Der Genitiv Singular der Substantive wird durch die Endung -s markiert: „die Tasche einers Schüleres“.

Im Plural enden die Substantive auf ‑rne: Schülerne, Autorne, Studenterne, Kunderne, Freunderne. Wie aus diesen Beispielen ersichtlich ist, wird bei Substantiven, die wie Schülere, Autore oder Kundere im inklusivischen Singular auf -re enden, ein n vor dem e ergänzt. In anderen Fällen wird, wie am Beispiel StudenteStudenterne erkennbar, für die Pluralbildung -rne an die inklusivische Singularform angehängt.

Bisher endet der Dativ der Pluralform in deutschen Substantiven immer auf ‑en, wenn der Nominativ Plural auf ‑e endet (die Freunde, den Freunden). Dies wird auch auf dieses System übertragen: den Schülernen, den Kundernen. Dadurch soll es für Deutschsprachige noch intuitiver zu gebrauchen sein. Allerdings klingt der Dativ Plural dann recht ähnlich dem Plural der femininen Form: Kundernen vs. Kundinnen. Dies sollte aber bei normaler Aussprache kein Problem darstellen.

Substantive, die im maskulinen Plural bisher umgelautet werden, können optional auch im inklusivischen Plural einen Umlaut erhalten. Der Plural von Arzt kann also entweder Arzterne oder Ärzterne lauten, je nach persönlicher Präferenz.

Sonstige Substantive

Ein paar Substantive fallen aus unterschiedlichen Gründen aus dem Schema. Die hier vorgestellte Endung funktioniert zwar auch bei diesen, aber trotzdem sind ein paar Details zu beachten. Auf dieser Seite stellen wir die meisten dieser Ausnahmefälle vor.

Außerdem haben einige Substantive wie Schwester/Bruder oder Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau zwar eine männliche und eine weibliche Form, doch Letztere hat nicht den gleichen Stamm wie die männliche. Auf dieser Seite stellen wir für einige dieser Fälle Ideen für die Bildung geschlechtsneutraler Formen vor.

Artikel und Artikelpronomen

Die Grundform des bestimmten Artikels lautet de. Das e wird bei einem folgenden Substantiv normalerweise als e-Schwa gesprochen (wie das e in Beruf). Bei Betonung des Artikels (d. h. als Demonstrativ-Artikel) ist eine lange Aussprache zu empfehlen (als würde es „dee“ geschrieben).

Die Grundform des unbestimmten Artikels lautet ein. Diese ist mit der neutralen und der maskulinen Form identisch (ein Haus, ein Löwe). Analog dazu lauten die Grundformen der anderen Artikel, die wie der unbestimmte dekliniert werden (des „ein-Paradigmas“): kein, mein, dein, sein, ihr. Dazu gehört auch die Possessivform des Personalpronomens ens.

Die Artikel des jed-Paradigmas erhalten in der Grundform die Endung -ey, die auch bei Adjektiven verwendet wird, vor denen kein Artikel steht (siehe den Abschnitt Adjektive): jedey. Alle Grundformen des jed-Paradigmas lauten: jedey, jeney, jedwedey, diesey, welchey, solchey, manchey. Dieselbe Endung wird auch für Artikelpronomen verwendet, also für Pronomen, die denselben Stamm wie ein Artikel des jed- oder ein-Paradigmas haben: „Nicht jedey mag das.“, „Kennt das einey von Euch beiden?“

Die Artikel werden wie folgt dekliniert:

bestimmter Artikelein-Paradigmajed-Paradigma
Nominativdeeinjedey
Genitivderseinersjeders
Dativdermeinermjederm
Akkusativdeeinjedey
Deklination der inklusivischen Artikel

(Ausführliche Listen mit Vergleichen zu den bisherigen Genera findest du auf der Seite Deklinationstabellen.)

Der Genitiv wird durch Anhängen der Endung ‑ers an den Stamm des Artikels gebildet: einers. Der Dativ durch Anhängen von ‑erm: einerm. Beide Endungen ergeben sich aus einer Kombination der jeweiligen Form im Femininum mit der im Neutrum bzw. Maskulinum:

  • einer + eines → einers
  • einer + einem → einerm

Der Akkusativ ist wie beim Personalpronomen mit dem Nominativ identisch.

Bei den Possessiv-Artikeln unser und euer könnten es manche Personen als Problem wahrnehmen, dass die Endung ‑er recht stark maskulin konnotiert ist (der, jeder, Schüler). Um dies zu umgehen, kann das r für die Grundform getilgt werden, wenn ein inklusivisches Substantiv im Nominativ oder Akkusativ folgt: unse, eue. Das passt auch dazu, dass die Substantive auf ‑e enden. Im Genitiv und Dativ sollten sie dekliniert werden, als wäre das r nicht getilgt: unserers/unsererm; eurers/eurerm. Andernfalls wären sie mit den umgangssprachlichen neutralen bzw. maskulinen Formen (z. B. unserm) identisch.

Im Deutschen werden einige Präpositionen wie in, bei und zu in bestimmten Kontexten mit dem folgenden definiten Artikel verschmolzen: in das → ins, bei dem → beim, zu der → zur. Im Inklusivum ergibt aus unserer Sicht eine solche Kombination nur bei zu Sinn, da dies die einzige Präposition ist, bei der auch im Femininum eine Kontraktion existiert (vgl. diese Übersicht). Die inklusivische Form lautet zurm: „Ich gehe morgen zurm Zahnarzte.“

Adjektive

Wenn ein Adjektiv einem Artikel folgt, wird es wie im Femininum dekliniert (d. h. ‑e im Nominativ und Akkusativ, ‑en im Genitiv und Dativ):

deeinjedey
Nominativde nette Lehrereein nette Lehrerejedey nette Lehrere
Genitivders netten Lehrereseiners netten Lehreresjeders netten Lehreres
Dativderm netten Lehrereeinerm netten Lehrerejederm netten Lehrere
Akkusativde nette Lehrereein nette Lehrerejedey nette Lehrere
Deklination von Adjektiven nach den inklusivischen Artikeln

Wenn vor dem Adjektiv kein Artikel steht, erhält das Adjektiv im Nominativ und Akkusativ die Endung -ey, um eine Verwechslung mit der femininen Form zu vermeiden: „Als Abgeordnetey reist Kim viel“, „Du als gutey Arzte“, „Liebey Kim“ (in der Anrede). Im Genitiv und Dativ wird die Endung -ers bzw. -erm verwendet: „Das ist das Auto Kims neuers Nachbares.“, „Wir schenken dir als besterm Mitarbeitere des Monats einen Gutschein.“

(Ausführliche Listen mit Vergleichen zu den bisherigen Genera findest auf der Seite Deklinationstabellen.)

Andere Pronomen

Relativ- und Demonstrativ-Pronomen

Es gibt noch zwei weitere Pronomen, die den Stamm mit einem Artikel teilen: die Relativ- und Demonstrativ-Pronomen der/die/das. Auch im Inklusivum ist die Grundform des bestimmten Artikels mit der Grundform dieser Pronomen identisch: de.

Relativ-Pronomen:
De Studente, de das geschrieben hat, verdient eine gute Note.
De Studente, derm ich eine gute Note gegeben habe, ist erleichtert.

Demonstrativ-Pronomen:
Ich bin mir sicher, das de das getan hat und nicht de.
(Auch hier sollte das e langgesprochen werden.)

Nur im Genitiv weichen die Formen bisher und im Inklusivum von den Artikelformen ab, denn es wird jeweils die Endung ‑en angehängt: deren, dessen – und entsprechend auch dersen:

De Studente, dersen Aufsatz ich benotet habe, ist erleichtert.
De Kollegere von dir, de gestern hier war – ist das nicht dersen Jacke?

(Ausführliche Listen mit Vergleichen zu den bisherigen Genera findest auf der Seite Deklinationstabellen.)

Man und jemand

Einige Menschen empfinden auch die Indefinit-Pronomen man und jemand als männlich konnotiert. Auf dieser Seite stellen wir Ideen für geschlechtsneutrale Ausweichformen vor.

Beispieltexte

Hier einige Beispielsätze, die verschiedene Formen veranschaulichen:

  • De Lehrere gibt derm Schülere den Stift.
  • En gibt em den Stift.
  • Das Buch meiners Professores ist interessant.
  • Ens Buch ist interessant.
  • Auch ense Vorlesungen sind spannend.
  • Kennst Du eigentlich mein Verlobte Kim?
  • Ja, ich kenne en schon.
  • Und kennst Du auch ens Kollegere Andrea?
  • Nein, ich glaub nicht, dass ich en schon kennengelernt habe.
  • Ich kenne aber schon viele andere Kollegerne von Kim.
  • Bei uns ist jedey willkommen!

Im Folgenden wird das De-e-System an einem kurzen Text veranschaulicht:

Kim ist ein engagierte Klima-Aktiviste, de gemeinsam mit anderen Aktivisternen für die Einhaltung der UN-Klimaziele kämpft. Als Vorsitzendey der Ortsgruppe von Fridays for Future hat en tagtäglich viel um die Ohren, um die Klimaschutz-Aktivitäten vor Ort zu koordinieren. Gemeinsam mit derm Ko-Vorsitzenden Leo arbeitet en gerade an einem Plan dafür, wie möglichst viele Schülerne für die Teilnahme an den für nächste Woche geplanten Protesten gewonnen werden können. Kim hat auch einen guten Draht zu den Lehrernen enser Schule. Morgen trifft en de Geographielehrere ensers jüngeren Geschwisters, um sich über die Möglichkeiten von Klima-bezogener Projektarbeit auszutauschen. So hilft jedey an diesem Thema Interessierte jederm anderen. Für die Erstellung des Web-Auftritts der Ortsgruppe hat Kim ein Kollegere ensers ehemaligen Nachbares um Hilfe gebeten, weil diesey sich gut mit Webdesign und Öffentlichkeitsarbeit auskennt. Des Weiteren kandidiert Kim für die Wahl zurm Kassierere des Bundesverbands von Fridays for Future. Andererseits ist es em aber auch wichtig, dass diese aktivistischen Tätigkeiten en zeitlich nicht zu sehr belasten, denn in den nächsten Monaten muss en sich auf ense Abi-Prüfungen vorbereiten. Welchey andere Schülere engagiert sich so intensiv für ein so wichtiges Thema? Sicher kaum einey!

Um den Gebrauch des De-e-Systems an längeren Texten zu veranschaulichen, in denen die neuen Formen nicht so unrealistisch häufig vorkommen, gibt es eine Seite über bekannte nicht-binäre Personen.

Frühere Versionen

Seit der erstmaligen Veröffentlichung des De-e-Systems am 12. Februar 2021 haben wir mehrmals Modifikationen daran vorgenommen. Hier ist eine Liste aller Versionen des Systems. Am 26. November 2022 hat der Verein für geschlechtsneutrales Deutsch in einer Mitgliederversammlung beschlossen, in welcher Form das System an die Öffentlichkeit getragen werden soll, wodurch es sich jetzt nicht mehr um ein provisorisches System handelt, das regelmäßig modifiziert wird, sondern um einen ausgereiften stabilen Vorschlag.