Ergebnisse der Vorumfrage zu Genitiv- und Dativformen (September 2021)

In der Artikeldiskussion in unseren Foren sind mehrere Vorschläge dazu aufgekommen, wie die geschlechtsneutralen Genitiv- und Dativ-Endungen lauten könnten. Um die Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten mit den zahlreichen Grundformen vor der eigentlichen Artikel-Umfrage zu reduzieren, haben wir vorgeschlagen, eine Vorumfrage zu den Genitiv- und Dativ-Endungen durchzuführen. Diese Vorumfrage hat vom 3.9. bis zum 11.9.2021 stattgefunden. Es haben 22 Personen teilgenommen.

Es wurde über folgende sieben Vorschläge für die Genitiv- und Dativ-Endungen abgestimmt:

  • ‑ern/‑ern
  • ‑ers/‑erm
  • ‑ers/‑ern
  • ‑ers/‑ers
  • ‑ens/‑erm
  • ‑ens/‑ern
  • ‑ens/‑ems

Die beliebteste dieser sieben Formen war ‑ers/‑erm. Auch ‑ens/‑ern, ‑ers/‑ern und ‑ens/‑erm haben so gut abgeschnitten, dass sie bei der nächsten Umfrage noch in Kombination mit bestimmten Grundformen zur Wahl stehen werden. Die Formen ‑ens/‑ems, ‑ern/‑ern und ‑ers/‑ers hingegen waren so unbeliebt, dass es unseres Erachtens das Beste ist, sie ausscheiden zu lassen.

In den restlichen Abschnitten dieser Seite erläutern wir das Zustandekommen der Formen-Auswahl für diese Vorumfrage, beschreiben daraufhin die Umfrageergebnisse im Detail und machen schließlich einen Vorschlag dazu, wie wir bei der Diskussion um die geschlechtsneutrale Deklination der Artikel nach dieser Vorumfrage weitermachen könnten.

Bisherige Artikel-Diskussion und Formen-Auswahl für Vorumfrage

Ende Juni haben wir vorgeschlagen, die Artikel-Diskussion nach den vorgeschlagenen Grundformen des unbestimmten Artikels zu gliedern. Vor der Durchführung der Vorumfrage haben wir die Grundformen ein, eine, einet, eint, eins und einens behandelt. Am Ende der Diskussion zu jeder Grundform haben wir ermittelt, welche der auf der jeweiligen Grundform aufbauenden Deklinationssysteme von mindestens drei Personen unterstützt werden und daher in die geplante gruppeninterne Umfrage aufgenommen werden sollten. Bei allen sieben bisher diskutierten Grundformen hat sich mindestens ein Deklinationssystem mit ‑ers im Genitiv und ‑erm im Dativ für die geplante Umfrage qualifiziert (entweder mit ‑ern als Akkusativendung oder ohne Unterscheidung zwischen dem Akkusativ und der nominativen Grundform). Zusätzlich haben sich drei Systeme mit ‑ens/‑erm, zwei Systeme mit ‑ens/‑ems ein System mit ‑ens/‑ern und zwei Systeme mit ‑ern/‑ern als Genitiv- und Dativ-Endungen für die geplante Umfrage qualifiziert. Bei den Deklinationssystemen mit ‑ens als Genitiv-Endung, die sich bereits qualifiziert haben, lautet die Nominativform des jed-Paradigmas jeweils jedens, wobei für das ein-Paradigma bei diesen Systemen entweder ein, eins oder einens die Grundform ist.

Der Vorschlag, ‑ers sowohl im Genitiv als auch im Dativ zu verwenden, war in der seit Anfang Juli stattfindenden Diskussion noch nicht thematisiert worden, aber da dieser Vorschlag im Rahmen einer früheren Version des g-Genus gemacht und dabei auch schon in der Facebook-Gruppe Geschlechtsneutrales Deutsch diskutiert worden war, hatten wir uns entschlossen, ihn in diese Vorumfrage mit aufzunehmen.

Der Vorschlag, im Genitiv ‑ers und im Dativ ‑ern zu verwenden, war vor dieser Vorumfrage noch gar nicht diskutiert worden, aber bei der Zusammenstellung der bereits diskutierten Vorschläge wurde offensichtlich, dass sich aus systematischer Sicht eine Lücke aufgetan hatte, die durch die Ergänzung dieses Vorschlags geschlossen werden konnte.

Auf diese Art wurden insgesamt sieben Vorschläge für die Genitiv- und Dativ-Endungen für die Vorumfrage bestimmt: ‑ern/‑ern, ‑ers/‑erm, ‑ers/‑ern, ‑ers/‑ers, ‑ens/‑erm, ‑ens/‑ern und ‑ens/‑ems.

Während der Durchführung der Vorumfrage haben wir die Grundformen einir und einier diskutiert. Außerdem stehen noch die Diskussionen zu den Grundformen einey und einern an. Wir haben uns entschieden, die Vorumfrage schon vor der Diskussion dieser Grundformen durchzuführen, um uns dabei auf weniger Deklinationssysteme beschränken zu können und die Diskussion dadurch übersichtlicher zu machen. Wie schon vorher absehbar gewesen war, hat sich bei der Diskussion zur Grundform einier auch noch das Deklinationssystem dier/dies/diem/dien, einier/einies/einiem/einien für die Artikel-Umfrage qualifiziert. Die Endungen ‑ies und ‑iem für den Genitiv bzw. Dativ sind allerdings nicht gut auf Systeme mit anderen Grundformen übertragbar, weshalb sie in der Vorumfrage zu den Genitiv- und Dativformen nicht vorkamen.

Die Ergebnisse

Die Teilnehmerne der Umfrage konnten jeden Vorschlag mit einer Note von 1 bis 6 bewerten, wobei erläutert wurde, dass 1 „sehr gut“, 4 „gerade so akzeptabel“ und 6 „sehr schlecht“ bedeutet. In der folgenden Graphik wird die Durchschnittsnote für jeden der sieben Vorschläge dargestellt:

Durchschnittsnoten der sieben Vorschläge

Wie man sieht, ist der Vorschlag, im Genitiv ‑ers und im Dativ ‑erm zu verwenden, eindeutig am beliebtesten. Darauf folgen die drei Vorschläge ‑ens/‑ern, ‑ers/‑ern und ‑ens/‑erm, deren Durchschnittsnoten nah beieinander liegen. Die übrigen drei Vorschläge waren deutlich unbeliebter.

Wie auch schon bei der Auswertung der Umfrage zu geschlechtsneutralen Substantiven betrachten wir zusätzlich zur Durchschnittsnote auch die Akzeptanzrate, also den Anteil derjenigen, die einem Vorschlag eine der Noten 1, 2, 3 oder 4 gegeben haben. Die folgende Graphik zeigt die Akzeptanzraten der sieben Vorschläge:

Statistische Analyse der Ergebnisse

Wir haben weiterhin eine Likelihood-Analyse durchgeführt, also für jeden Vorschlag bestimmt, wie hoch die wahrscheinlichkeitstheoretische Plausibilität dafür ist, dass dieser Vorschlag unter allen an diesem Thema interessierten Deutschsprachigen am beliebtesten ist (also die höchste Durchschnittsnote hätte, wenn man alle interessierten Personen befragen könnte). Hierfür haben wir dieselbe Methodik wie bei der Auswertung der letzten Umfrage verwendet und sind dabei auf die folgenden Werte gekommen:

VorschlagLikelihood für höchste Beliebtheit
-ers/‑erm85,6 %
-ens/‑ern6,8 %
-ers/‑ern4,2 %
-ens/‑erm3,2 %
-ens/‑ems0,14 %
-ern/‑ern0,03 %
-ers/‑ers0,00 %

Die Datei mit den Rohdaten und statistischen Auswertungen lässt sich hier herunterladen.

Vorschlag für das weitere Vorgehen

Die Vorschläge ‑ens/‑ems, ‑ern/‑ern und ‑ers/‑ers haben sowohl bezüglich der Durchschnittsnote als auch bezüglich der Akzeptanzrate am schlechtesten abgeschnitten. Die statistische Analyse hat zudem gezeigt, dass diese drei Vorschläge in statistisch sehr signifikantem Ausmaß von der Bestpositionierung bei den Durchschnittsnoten entfernt sind. Daher scheint es uns nicht mehr sinnvoll, diese Vorschläge bei der weiteren Konsensfindung für die Deklination der geschlechtsneutralen Artikel in Betracht zu ziehen.

Der Vorschlag ‑ers/‑erm hat in dieser Umfrage mit Abstand am besten abgeschnitten und sollte daher bei der nächsten Umfrage in Kombination mit allen vorgeschlagenen Grundformen auswählbar sein. Zu einem Detail gibt es hierbei aber noch Diskussionsbedarf: Unter jenen Deklinationssystemen mit ‑ers/‑erm für die Genitiv- und Dativformen, die sich für die nächste Umfrage qualifiziert haben, lauten manche im Akkusativ auf ‑ern, wohingegen andere den Akkusativ nicht vom Nominativ unterscheiden. Bei manchen Grundformen haben sich sogar beide Optionen für die nächste Umfrage qualifiziert. Nach dem guten Abschneiden von ‑ers/‑erm in dieser Vorumfrage scheint es uns jetzt sinnvoll, für alle Grundformen (abgesehen vom speziellen Fall einier) beide Optionen in der nächsten Umfrage zur Auswahl zu stellen. Wir werden diesen Vorschlag bald in unseren Foren gesondert zur Diskussion stellen.

Die Vorschläge ‑ens/‑ern, ‑ers/‑ern und ‑ens/‑erm haben eindeutig schlechter als ‑ers/‑erm abgeschnitten, wobei dies allerdings noch im Rahmen eines (wenn auch eher unwahrscheinlichen) statistischen Fehlers liegt. Unseres Erachtens sollten diese Vorschläge daher weiterhin zur Auswahl stehen, allerdings nur in den Konstellationen, die sich bisher qualifiziert haben, da es sonst zu viele Kombinationen geben würde.

Die Vorschläge ‑ens/‑ern und ‑ens/‑erm haben sich in der bisherigen Diskussion nur für die folgenden Deklinationssysteme qualifiziert:

  • ein/einens/einern/ein-de-jedens
  • ein/einens/einerm/ein-de-jedens
  • eins/einens/einerm/ein-de-jedens
  • einens/einens/einerm/einens-de-jedens

Diese Vorauswahl scheint uns sinnvoll. Für alle Grundformen des ein-Paradigmas, die sich sinnvoll mit jedens als Grundform des jed-Paradigmas kombinieren lassen, hat sich ein System mit ‑ens/‑erm qualifiziert. Im Falle der Grundform ein ist dabei allerdings die Nähe zum Maskulinum ein Problem, weswegen gerade bei dieser Grundform die alternative Dativ-Endung ‑ern sinnvoll ist, die sich klanglich stärker als ‑erm vom Maskulinum abhebt. Wir schlagen daher vor, dass genau die vier schon qualifizierten Systeme mit ‑ens/‑ern oder ‑ens/‑erm in der nächsten Umfrage zur Wahl stehen. Falls diesbezüglich keine Gegenargumente aufkommen, sehen wir dazu keinen weiteren Diskussionsbedarf.

Der Vorschlag ‑ers/‑ern war bisher noch gar nicht diskutiert worden. Das muss nach dem relativ guten Abschneiden von ‑ers/‑ern in dieser Vorumfrage nachgeholt werden. Uns erscheint es jetzt sinnvoll, ‑ers/‑ern ähnlich wie ‑ens/‑ern mit der Grundform ein zu kombinieren. Wir werden diesen Vorschlag bald in den Diskussionsforen ansprechen und dabei den anderen Diskussionsteilnehmernen auch die Möglichkeit geben, noch weitere Vorschläge mit ‑ers/‑ern zu machen. Außerdem scheint ‑ers/‑ern auch gut mit der noch zu diskutierenden Grundform einern kombinierbar, was wir dann zur Sprache bringen werden.