Motivation der Formen

Auf dieser Seite erklären wir, wie die verschiedenen Formen des De-e-Systems motiviert sind. Es geht hier nur um die konkreten grammatischen Formen; auf die Gründe, warum wir die Entwicklung geschlechtsneutraler Sprache überhaupt unterstützen, gehen wir hier ein. Fachbegriffe werden im Glossar erläutert.

Pronomen

Grundform

In den folgenden Punkten geht es um die Gründe, warum sich als geschlechtsneutrales Personalpronomen für das De-e-System die Form en durchgesetzt hat:

  • Es ist nach dem Schema „e + Konsonant“ gebildet, genau wie die beiden bereits existierenden Pronomen es und er. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es von vielen in einem Text direkt als Personalpronomen identifiziert wird.
  • Das n ist der häufigste Konsonant in der deutschen Sprache, und die Kombination en kommt in unzähligen Wortendungen vor, wodurch diese Grundform für viele Deutschsprachige sehr natürlich wirken müsste.
  • Es klingt sehr ähnlich wie hen, im deutschen Sprachraum eines der verbreitetsten Neopronomen, das aus dem Schwedischen übernommen wurde.
  • Wie Hornscheidts ens ist auch die Buchstabenfolge en im Wort Mensch enthalten, was als Symbol für die universelle Anwendbarkeit des Pronomens für alle Menschen, unabhängig vom Geschlecht, verstanden werden kann.

Deklination

Die Dativform (Wem-Fall) lautet em und endet analog zu den anderen Pronomen der dritten Person auf den gleichen Buchstaben wie die zugehörigen Artikel im Dativ:

InklusivumNeutrum/MaskulinumFemininumPlural
Personalpronomenemihmihrihnen
bestimmter Artikeldermdemderden
Artikel dies-diesermdiesemdieserdiesen
Vergleich von Pronomen und Artikeln im Dativ

Für die Possessivform wird, analog zu Eigennamen und vielen anderen Neopronomen, ein s an die Grundform gehängt: ens. Bisher weichen die Possessivformen oft stark von der Grundform ab (ich–mein; er/es–sein; sie–ihr; wir–unser), aber damit die Form möglichst leicht erlernbar ist, haben wir uns gegen einen anderen Wortstamm entschieden (zur Debatte stand u. a. sihr, als Kombination von sein und ihr).

Substantive

Singular

Die Endung ‑e gehört zu den häufigsten der deutschen Sprache, in unterschiedlichsten Verwendungsweisen: Kunde, Freunde, eine, schöne, laufe … Dadurch wirkt sie wohl auf die meisten Eltersprachlerne recht natürlich, selbst in einer Verwendung, die bisher nicht existiert.

Die maskuline Form von mehr als der Hälfte der regelmäßigen Personensubstantive endet auf ‑er (Schüler, Lehrer, Fischer etc.). Bei diesen funktioniert die Endung ‑e ohne Probleme, genau wie bei der ebenfalls großen Gruppe der Personenwörter, die im Singular des Maskulinums auf einen Konsonanten und im Plural auf ‑en enden (Student, Autor, Gitarrist etc.).

Einige Personenwörter enden im Maskulinum allerdings bereits auf ‑e (Kollege, Kunde, Finne etc.), weshalb bei diesen ein r vor der inklusivischen Endung ‑e eingeschoben wird: Kollegere, Kundere, Finnere etc. Ein r haben wir gewählt, damit die resultierende Form erstens mit der großen Gruppe zusammenpasst, die Schülere, Lehrere, Fischere etc. enthält, und zweitens im Plural keine zusätzliche Silbe erhält (s. Plural).

Bei den Personensubstantiven, die im Plural des Maskulinums ein e erhalten (Freund, Friseur, Sekretär etc.), gibt es zwei mögliche Formen: Freunde und Freundere. Die erste Form ist kürzer, dafür aber mit dem Plural des Maskulinums identisch. Bei ausreichender Gewöhnung an das System sollte das aber nur in wenigen Kontexten wirklich zu Missverständnissen führen. Die zweite Form ist länger, dafür aber eindeutig inklusivisch. Das zusätzliche ‑re ist genau wie bei Kollegere motiviert.

Plural

Der Plural von inklusivischen Substantiven endet immer auf ‑rne (im Dativ auf ‑rnen, s. unten). Wir haben kein maskulines Personenwort gefunden, bei dem das der Fall wäre, sodass diese Endung einzigartig und gut wiedererkennbar ist. Gleichzeitig passt sie auch gut ins deutsche Lautsystem, da alle drei enthaltenen Buchstaben sehr häufig sind, genau wie die Folge rn und -e als Endung.

Im Dativ Plural wird bisher im Deutschen immer ein zusätzliches n an den Plural gehängt, wenn dieser auf ‑e endet (die Freunde, den Freunden; die Sterne, den Sternen). Es wäre aus unserer Sicht sehr unintuitiv für Deutschsprachige, wenn dies beim Inklusivum nicht der Fall wäre. Im Falle mancher Wörtern führt das zu einer klanglichen Nähe zum Femininum: Studenternen [ʃtuˈdɛntɐnən] vs. Studentinnen [ʃtuˈdɛntɪnən]. Allerdings ist dies nur der Fall bei solchen Personenwörtern, die im Maskulinum nicht auf ‑r enden (diese machen nur etwa ein Drittel aus).

Artikel und Artikelpronomen

Bestimmter Artikel

Der bestimmte inklusivische Artikel de liegt klanglich etwa in der Mitte zwischen die und der – schriftlich besteht er aus allen beiden Buchstaben, die die beiden Artikel gemeinsam haben. Durch seine Kürze soll er so neutral wie möglich wirken, die Endung ‑e ist auch die inklusivische Substantiv-Endung. Außerdem ist de auch ein geschlechtsneutraler Artikel im Niederländischen, das mit dem Deutschen nah verwandt ist und kaum mehr zwischen Femininum und Maskulinum unterscheidet (de ist dort der Artikel für beide, het für das Neutrum).

Ein-Paradigma

Alle Artikel, die wie der unbestimmte gebeugt werden, sind in ihrer Grundform endungslos (ein, ihr, ens etc.), genau wie im Neutrum und im Maskulinum. Die Endungslosigkeit soll Neutralität vermitteln. Eine Assoziation mit dem Maskulinum könnte es zwar geben, doch diese wird durch die inklusivische Substantiv-Form relativiert. Wenn außerdem ein Adjektiv folgt, ist der maskuline Effekt noch zusätzlich neutralisiert, da diese wie im Femininum lautet: „ein fleißige Schülere“ (s. auch Abschnitt Adjektive).

Jed-Paradigma und Artikelpronomen

Die Endung, die die Grundform der Artikel erhält, die wie „jed‑“ dekliniert werden, lautet ‑ey (jedey, diesey, welchey etc.). Da es diesen Diphthong (Zwielaut) in deutschen Endungen bisher nicht gibt, sind die resultierenden Formen nicht mit existierenden verwechselbar. Außerdem erinnert er an das englische singular they. Die gleiche Endung wird, analog zu ‑es im Neutrum, ‑e im Femininum und -er im Maskulinum auch bei Artikelpronomen verwendet und bei Adjektiven, wenn ihnen kein Artikel vorangeht (s. Adjektive). Die potenzielle Fremdartigkeit der Endung haben wir in Kauf genommen, da es hier aufgrund ihrer verschiedenen Anwendungskontexte besonders schwierig war, eine gute Lösung zu finden, und ‑ey unter den vielen in Betracht gezogenen Alternativen die sinnvollste erschien.

Deklination

Alle Artikel werden gleich gebeugt. Der Akkusativ (Wen-Fall) ist immer mit dem Nominativ (Wer-Fall) identisch, Genitiv (Wessen-Fall) und Dativ (Wem-Fall) werden unterschieden, genau wie beim Neutrum (das/des/dem/das) und Plural (die/der/den/die) – beide grundsätzlich geschlechtsneutraler als Femininum und Maskulinum. Gleichzeitig liegt dieses Kasus-Unterscheidungs-Muster genau zwischen dem des Femininums (bei dem Genitiv und Dativ identisch sind) und des Maskulinums (bei dem alle Fälle unterschieden werden).

Die Genitiv-Endung lautet durchgehend -ers, was eine Kombination aus der des Femininums (‑er) und der des Maskulinums bzw. Neutrums (‑es) ist. Genauso die Dativ-Endung ‑erm:

Genitiv (Wessen-Fall)Dativ (Wem-Fall)
der + des → dersder + dem → derm
einer + eines → einerseiner + einem → einerm
jeder + jedes → jedersjeder + jedem → jederm

Adjektive

Wenn dem Adjektiv kein Artikel vorangeht, erhält es die inklusivische starke Endung ‑ey, deren Motivation wir schon im Abschnitt Das jed-Paradigma erläutert haben. Nur ein Aspekt muss hier noch hervorgehoben werden: Die Artikel des ein-Paradigmas sind endungslos, genau wie im Neutrum und Maskulinum. Dort erhält das Adjektiv allerdings ebenfalls die starke Endung, nicht nur wenn kein Artikel vorangeht: „ein fleißiger Schüler“, „ein nettes Kind“. Im Inklusivum würde das so aussehen: „ein fleißigey Schülere“. Doch in den Diskussionen und Abstimmungen wurde entschieden, dass nach ein im Inklusivum die schwache Form folgen soll (s. unten), damit erstens die Aussprache einfacher ist, zweitens die in diesem Kontext feminine Endung die maskulin assoziierte Form des Artikels ein neutralisiert und drittens die Erklärung des System einfacher ist: Wenn das Adjektiv ohne Artikel steht, erhält es die starke Endung, wenn es einem Artikel folgt, erhält es die schwache.

Diese schwache Endung lautet im Nominativ und Akkusativ ‑e, im Genitiv und Dativ ‑en. Im Nominativ, Genitiv und Dativ lässt sich diese Wahl dadurch motivieren, dass die schwache Endung so auch in allen bisherigen Genera lautet. Da es im Inklusivum keinen Unterschied zwischen Akkusativ und Nominativ gibt, wird ‑e auch im Akkusativ verwendet, genauso wie im Femininum und Neutrum. Zudem hat diese Kombination der schwachen Endungen den Vorteil, dass sie durchgängig mit dem Femininum identisch ist, was ein Gegengewicht zum eher maskulinen Artikel ein bildet und die schwache Adjektivdeklination leicht erlernbar macht.

Andere Pronomen

Das Demonstrativ- und Relativpronomen, das im Nominativ, Dativ und Akkusativ mit dem bestimmten Artikel identisch ist, lautet im Genitiv des Femininums und Plurals deren und des Neutrums und Maskulinums dessen. Es wird jeweils die Genitiv-Form des bestimmten Artikels durch die Endung ‑en ergänzt. Für das Inklusivum spricht nichts dagegen, dies genauso zu handhaben: dersen.