Pro-Contra-Liste zu Komposita

Hinweis: Es wurde in Umfragen bereits eine Entscheidung dazu getroffen, welche der auf dieser Seite behandelten Formen Teil des De‑e-Systems sind. Diese Seite dient nun also lediglich dazu, dass die Umfrage-Ergebnisse besser nachvollzogen werden können.

Auf dieser Seite geben wir eine Übersicht über die aus unserer Sicht wichtigsten Argumente für und gegen die verschiedenen Vorschläge dazu, wie Komposita mit einem Personenwort im Inklusivum als erstem Element gebildet werden können.

Vollformen

Singularform

Studenteausweis; Kundereberatung; Schülerevertretung

Motivation: Die Singularform hätte den Vorteil, dass es die einfachste Substantivform des De-e-Systems ist, die zudem meist zuerst gelernt würde.

Unnatürlichkeit: Diese Form könnte allerdings als unnatürlich empfunden werden, da bei Komposita, deren erstes Element auf ‑e endet, in der Regel entweder ein Fugen-n ergänzt (z. B. Sonnenuntergang) oder das -e getilgt wird (Schulferien).

Länge: Außerdem sind die Formen häufig eine Silbe länger als im Maskulinum. Mehrteilige Komposita wie Bürgeremeisterewahl können sogar zwei Silben länger als im Maskulinum sein.

Pluralform

Studenterneausweis; Kunderneberatung; Schülernevertretung

Motivation: Im Deutschen ist das erste Element von Komposita häufig ein Plural oder zumindest mit diesem identisch (Studentenausweis; Kundenberatung), sodass die Wahl dieser Form vielen natürlich vorkommen könnte.

Unnatürlichkeit: Da das erste Element eines Kompositums bisher selten auf -e endet, könnte diese Form manchen unnatürlich vorkommen. Es gibt allerdings durchaus schon einzelne Komposita wie Ärztehaus, deren erstes Element eine auf -e endende Pluralform ist.

Länge: Die Pluralform ist praktisch immer eine Silbe länger als die maskuline Form in Komposita. Somit können auch bei dieser Lösung mehrteilige Komposita wie Bürgernemeisternewahl zwei Silben länger als im Maskulinum sein.1

Genitiv-Singular-Form

Studentesausweis; Kunderesberatung; Schüleresvertretung

Motivation: Das erste Element von Komposita endet häufig auf -s und ist in der Regel auch mit dem Genitiv des jeweiligen Substantivs identisch (Verkehrsschild; Freundeskreis), weshalb es naheliegend wäre, bei Inklusiva die Genitiv-Singular-Form zu verwenden.

Unnatürlichkeit: Allerdings endet das erste Element bisher sehr selten aus ‑es (z. B. Freundeskreis; vgl. hier). Bei Substantiven, deren Grundform auf -e endet, tritt dies unseres Wissens überhaupt nicht auf. Deshalb könnte diese Lösung ebenfalls unnatürlich wirken.

Länge: Von der Silbenzahl her ist diese Lösung genauso lang wie die Singularform, wobei jeweils ein Buchstabe hinzukommt.

Dativ-Plural-Form

Studenternenausweis; Kundernenberatung; Schülernenvertretung

Motivation: Da das erste Element von Komposita im Deutschen häufig auf ‑en endet, ist es naheliegend, die Dativ-Plural-Form zu verwenden. Dadurch werden die oben aufgeführten Nachteile der Endung ‑e vermieden.

Länge: Die Dativ-Plural-Form hat immer die gleiche Silbenzahl wie die normale Pluralform, wobei jeweils ein Buchstabe hinzukommt. Mehrteilige Komposita wie Bürgernenmeisternenwahl können zwei Silben bzw. sechs Buchstaben länger als im Maskulinum sein. Es ist die längste Form, die zur Wahl steht.

Sonstiges: Ein Nachteil ist, dass die Dativ-Plural-Form bei vielen Substantiven sehr ähnlich wie die feminine Pluralform klingt und dadurch mit dieser verwechselt werden könnte. Allerdings kommen feminin movierte Personensubstantive selten als erstes Element von Komposita vor, sodass es unwahrscheinlich ist, dass Studenternenausweis als Studentinnenausweis missverstanden wird. Bei einer Interpretation auf Grundlage bereits verwendeter Formen ist es wahrscheinlicher, dass Student*innenausweis verstanden wird, was genau die intendierte Bedeutung hat.

Kurzformen

Gekürzte Singularform

Studenteausweis; Kundeberatung; Schülevertretung

Motivation/Länge: In diesem System wird bei allen Singularformen, die im Inklusivum eigentlich auf -ere enden, das -re weggenommen. Dadurch hätten Komposita fast nie mehr Silben als im Maskulinum (Ausnahme: Arztepraxis) und wären meist sogar einen Buchstaben kürzer.

Sonstiges: Ein Nachteil dieser Form ist, dass sie bisher nicht im De-e-System vorkommt, sodass für Komposita eine Extraform gelernt werden müssen. Außerdem bleibt das schon bei der vollen Singularform erwähnte Problem der Endung -e bestehen. Ein weiterer Nachteil ist, dass bei manchen Substantiven Formen wie Lehre- und Tänze- entstünden, die als alleinstehende Wörter eine andere Bedeutung haben.2

Gekürzte Pluralform

Studenternausweis; Kundernberatung; Schülernvertretung

Motivation/Länge: Durch die Entfernung des finalen -e der Pluralform wird gegenüber der vollen Pluralform immer eine Silbe bzw. ein Buchstabe eingespart, sodass die Form fast immer dieselbe Silbenzahl hat wie im Maskulinum (mit einem zusätzlichen Buchstaben).

Sonstiges: Das erste Element des Kompositums endet in dieser Lösung, wie relativ üblich, auf ‑n und die eventuell problematische Endung -e wird vermieden. Auch bei dieser Form ist der Hauptnachteil, dass sie bisher nicht im De-e-System vorkommt, sodass für Komposita eine Extraform gelernt werden müsste.

Kombinationssysteme

Systeme mit optionaler gekürzter Form

Es stehen drei Systeme mit optionalen Kurzformen zu Wahl:

  • Singularform, optional gekürzt:
    Studenteausweis
    Kundereberatung/Kundeberatung
    Schülerevertretung/Schülevertretung
  • Pluralform, optional gekürzt:
    Studenterneausweis/Studenternausweis
    Kunderneberatung/Kundernberatung
    Schülernevertretung/Schülernvertretung
  • Dativ-Plural-Form, optional gekürzt:
    Studenternenausweis/Studenternausweis
    Kundernenberatung/Kundernberatung
    Schülernenvertretung/Schülernvertretung

Motivation: Die gekürzten Formen optional zu machen, hat drei miteinander verbundene Vorteile:

  1. Wer die ungekürzten Formen zu unhandlich findet, kann die gekürzten verwenden.
  2. Da die gekürzten Formen aber nicht verpflichtend sind, kann das De-e-System auch ohne diese verwendet werden, was die Erlernung vereinfacht.
  3. Außerdem können die gekürzten Formen am besten als praktische Kürzungen der jeweiligen Langform motiviert werden, sodass es naheliegend ist, die entsprechende Langform auch zu erlauben.
  • Das dritte System ist außerdem darüber motivierbar, dass die Dativ-Plural-Form (z. B. Studenternen) im Sprechfluss leicht genauso klingen kann wie die gekürzte Pluralform (Studentern-), wodurch sich die Lang- und die Kurzform in diesem System vor allem in der Schreibweise unterscheiden würde.

Andererseits könnte es auch als Nachteil angesehen werden, wenn das De-e-System keine einheitliche Lösung für die Komposita bereitstellt, unter anderem da dies einige Leute bei der Erlernung des Systems aus Beispieltexten verwirren könnte.

Singular- oder Pluralform nach semantischen Kriterien

Studenteausweis, Studenternevertretung; Schülereausweis, Schülernevertretung

Motivation: Es könnte für einige Leute intuitiv sein, für das erste Element eines Kompositums nach semantischen Kriterien die Singular- oder Pluralform zu verwenden.

Sonstiges: Allerdings macht die deutsche Sprache bisher meistens keine solche Unterscheidung. Wir sagen zum Beispiel Hundehalterin und nicht Hundhalterin, auch wenn die Person nur einen Hund besitzt. Bei diesem System ließe sich die entsprechende Form also nicht von der existierenden maskulinen Form ableiten und mensch müsste bei der Verwendung von Komposita immer erst einmal überlegen, welche Form semantisch besser passt, was die spontane Verwendung erschwert.3


  1. Allerdings ist die Silbenzahl nur bei relativ wenigen Substantiven (z. B. Studenterne) größer als bei der inklusivischen Singularform. Von der Buchstabenzahl ist die Form meistens 2 Buchstaben länger als im Maskulinum und 1 bis 3 Buchstaben länger als die Singularform. ↩︎
  2. Da diese Wörter in Komposita in der Regel nicht in dieser Form verwendet werden (es heißt z. B. Lehrbuch und Tanzschule, nicht Lehrebuch oder Tänzeschule), hält sich das Risiko für Missverständnisse allerdings in Grenzen. ↩︎
  3. Außerdem ist es auch nicht immer eindeutig: So haben zwar viele Menschen ein Lehrergehalt, aber es kann vorkommen, dass ein Lehrere ein höheres Gehalt bekommt als ein andere. ↩︎