Vom 16.2. bis zum 28.2.2025 haben wir innerhalb unserer Diskussionsforen eine Umfrage dazu durchgeführt, welche geschlechtsneutralen Alternativen wir zu Schwester/Bruder, Vater/Mutter und Tochter/Sohn empfehlen wollen. Zusätzlich haben wir vom 10.3. bis zum 18.3.2025 darüber abgestimmt, welche konkreten Empfehlungen wir aus dem Umfrageergebnisse ableiten wollen.
Das Ergebnis der Umfrage und der Abstimmung lautet wie folgt:
- Als mögliche Alternativen zu die Schwester und der Bruder empfehlen das Geschwister und de Geschwister.
- Als mögliche Alternativen zu der Vater und die Mutter empfehlen wir das Elternteil, das Elter und de Elter.
- Als mögliche Alternativen zu die Tochter und der Sohn empfehlen wir das Kind, de Kind und der Nachwuchs.
Die Umfrage
Jede abgefragte Form wurde mit Genus und Pluralform vorgestellt, da manche Grundformen mehrmals mit verschiedenen Genera und/oder verschiedenen Pluralformen zur Wahl standen.
Zu Schwester/Bruder standen folgende geschlechtsneutrale Alternativen zur Wahl:
- das Geschwister, die Geschwister
- de Geschwister, die Geschwister
- de Geschwister, die Geschwisterne
- de Sippling, die Sipplinge
- de Sibling, die Siblinge
- de Sibling, die Siblings
- de Sib, die Sibs
Zu Vater/Mutter standen folgende Alternativen zur Wahl:
- das Elter, die Eltern
- de Elter, die Eltern
- de Elter, die Elterne
- de Elte, die Eltern
- de Elte, die Elterne
- das Elternteil, die Elternteile / die Eltern
Zu Tochter/Sohn standen folgende Alternativen zur Wahl:
- das Kind, die Kinder
- de Kind, die Kinder
- de Spross, die Sprosse
- de Spross, die Sprossen
- de Spross, die Sprösse
- de Spross, die Sprosserne
- de Sprössling, die Sprösslinge
- der Ableger, die Ableger
- de Ablegere, die Ablegerne
- de Abkömmling, die Abkömmlinge
- der Nachwuchs, die Nachwüchse
- de Nachwuchs, die Nachwüchse
- de Nachkommere, die Nachkommerne
- de Sochter, die Söchter
- de Sochter, die Sochtern
- de Sochter, die Sochterne
Jeder Vorschlag wurde mit einem Beispielsatz veranschaulicht. Im folgenden zeigen wir die verwendeten Beispielsätze jeweils mit dem ersten Vorschlag aus jedem Teil der Umfrage:
- Das Geschwister von Kim kennt meine Geschwister schon länger.
- Das Elter von Leo kennt unsere Eltern schon länger.
- Kinder ziehen oft erst mit Anfang zwanzig aus, das Kind von Alex allerdings schon mit siebzehn.
Wir haben in der Umfrage explizit darauf hingewiesen, dass wir für den dritten Teil der Umfrage einen Beispielsatz ausgewählt haben, der relativ gut veranschaulicht, wieso das bereits existierende Wort Kind nicht in jedem Kontext problemlos ist, wobei wir auch darauf hingewiesen haben, dass es natürlich auch viele andere Kontexte gibt, in denen Kind weniger problematisch ist als in dem Beispielsatz.
Jeder Vorschlag konnte mit einer Note von 1 bis 6 bewertet werden, wobei erläutert wurde, dass 1 „sehr gut“, 4 „gerade so akzeptabel“ und 6 „sehr schlecht“ bedeutet.
Vor der Umfrage hatten wir die wichtigsten Argumente für und gegen die verschiedenen Vorschläge zu einer Pro-Contra-Liste zusammengetragen, auf die wir in der Einleitung der Umfrage verwiesen haben.
Die Ergebnisse
Es haben 44 Personen teilgenommen. Folgende Graphik stellt die Durchschnittsnoten der sieben Alternativen zu Schwester/Bruder dar (in Klammern steht die Plural-Endung):

Die beliebteste Form war also das Geschwister, gefolgt von de Geschwister mit der üblichen Pluralform. Diese beiden Optionen waren eindeutig beliebter als die anderen fünf Optionen
Folgende Graphik stellt die Ergebnisse für die Alternativen zu Vater/Mutter dar:

An den ersten beiden Stellen waren fast gleichauf das Elternteil und das Elter, gefolgt von de Elter mit der üblichen Pluralform. Die anderen drei Optionen lagen abgeschlagen dahinter.
Folgende Graphik stellt die Ergebnisse für die Alternativen zu Tochter/Sohn dar:

Hier war das Kind eindeutig die beliebteste Option. Es folgten dahinter die anderen fünfzehn Optionen in relativ einheitlichen Abständen, wobei de Kind und der Nachwuchs an zweiter und dritter Stelle standen.
Die Datei mit den Rohdaten und Details zu den im nächsten Abschnitt erläuterten statistischen Auswertungen lässt sich hier herunterladen.
Statistische Analyse der Ergebnisse
Wie schon bei den vorherigen gruppeninternen Umfragen haben wir eine Likelihood-Analyse durchgeführt, also für jeden Vorschlag die wahrscheinlichkeitstheoretische Plausibilität dafür bestimmt, dass dieser Vorschlag unter allen an diesem Thema interessierten Deutschsprachigen am beliebtesten wäre. Die Methodik wird im Artikel zur ersten Substantivumfrage erläutert.
Nach der in unseren bisherigen Umfrage-Auswertungen angewendeten Likelihood-Methodologie würden sich nur das Geschwister, das Elternteil, das Elter und das Kind qualifizieren. Dies sind alles bereits etablierte Formen, aber manche Leute könnten auf unserer Webpräsenz nach weiteren Möglichkeiten suchen, um gewisse Probleme dieser Formen zu vermeiden (z. B. die für manche unangenehme Konnotation des Neutrums oder die möglicherweise unpassende Doppeldeutigkeit von Kind). Daher haben wir zusätzliche Likeliehood-Analysen unter Ausschluss der sowieso qualifizierten bereits üblichen Formen durchgeführt, sowie eine Likelihood-Analyse unter Ausschluss von das Kind und de Kind. Wir zeigen in den folgenden Tabellen die Ergebnisse sowohl der herkömmlichen Likelihood-Analysen mit allen Optionen als auch der so modifizierten Analysen mit ausgeschlossenen Optionen.
Für die Alternativen zu Schwester/Bruder sind die folgenden Likelihood-Werte herausgekommen:
mit allen Optionen | ohne das Geschwister | |
das Geschwister | 99,92% | – |
de Geschwister | 0,08% | 99,97% |
Sippling(s) | 0,00% | 0,02% |
de Geschwister(ne) | 0,00% | 0,01% |
Sibling(s) | 0,00% | 0,00% |
Sippling(e) | 0,00% | 0,00% |
Sib(s) | 0,00% | 0,00% |
Wie bei den früheren Umfragen setzen wir den Schnitt zwischen qualifizierten und ausgeschiedenen Vorschlägen so, dass die Irrtumswahrscheinlichkeit unter 5 % liegt. In diesem Fall hat sich mit allen Optionen das Geschwister qualifiziert. Bei der Likelihood-Analyse der Neuformen (ohne das Geschwister) qualifiziert sich de Geschwister.
Hier die Likelihood-Werte für die Alternativen zu Vater/Mutter:
mit allen Optionen | ohne das Elternteil und das Elter | |
Elternteil(e) | 51,43% | – |
das Elter(n) | 45,88% | – |
de Elter(n) | 2,69% | 99,99% |
Elte(rn) | 0,00% | 0,01% |
de Elter(ne) | 0,00% | 0,00% |
Elte(rne) | 0,00% | 0,00% |
Bei der Analyse mit allen Optionen qualifizieren sich das Elternteil und das Elter. Bei der Analyse der Neuformen qualifiziert sich de Elter.
Und hier die Likelihood-Werte für die Alternativen zu Tochter/Sohn:
mit allen Optionen | ohne das Kind | ohne das Kind und de Kind | |
das Kind | 100,00% | – | – |
de Kind | 0,00% | 70,89% | – |
der Nachwuchs | 0,00% | 25,58% | 77,87% |
Sprössling | 0,00% | 2,09% | 11,42% |
Spross/Sprösse | 0,00% | 0,83% | 5,54% |
Spross/Sprosse | 0,00% | 0,30% | 2,47% |
de Nachwuchs | 0,00% | 0,30% | 2,47% |
Sochter/Söchter | 0,00% | 0,01% | 0,15% |
Spross(en) | 0,00% | 0,00% | 0,06% |
Abkömmling | 0,00% | 0,00% | 0,02% |
Sochter(n) | 0,00% | 0,00% | 0,01% |
Nachkommere | 0,00% | 0,00% | 0,00% |
Sochter(ne) | 0,00% | 0,00% | 0,00% |
Spross(erne) | 0,00% | 0,00% | 0,00% |
Ableger | 0,00% | 0,00% | 0,00% |
Ablegere | 0,00% | 0,00% | 0,00% |
Bei der Analyse mit allen Optionen qualifiziert sich nur das Kind. Bei der Analyse ohne das Kind qualifiziert sich zusätzlich de Kind. Bei der Analyse ohne das Kind und de Kind qualifizieren sich zusätzlich Nachwuchs, Sprössling, Spross/Sprösse und Spross/Sprosse.
Abstimmung über mögliche Empfehlungen
Im Anschluss an die Umfrage haben wir die oben aufgeführten Ergebnisse sowie eine Zusammenfassung der statistischen Analyse in unseren Foren vorgestellt. Da es nicht klar war, an welcher der möglichen Likelihood-Analysen wir uns bei den Empfehlungen auf unserer Webpräsenz orientieren sollen, haben wir hierzu eine Abstimmung durchgeführt. Dabei standen die folgenden vier Optionen zur Wahl:
- A. Normale Likelihood-Analyse: nur das Geschwister, das Elternteil, das Elter, das Kind
- B. Likelihood-Analyse ohne bereits etablierte Formen: alle aus A + de Geschwister, de Elter, de Kind, der Nachwuchs
- C. Likelihood-Analyse ohne bereits etablierte Formen und ohne de Kind: alle aus B + de Nachwuchs, de Sprössling, de Spross (Plural: Sprösse oder Sprosse)
- D. Alle Formen mit besserem Durchschnitt als 4,0: alle aus C + Elte
Jedey Teilnehmere der Abstimmung konnte jede Option mit 👍️ (ein Pluspunkt) oder 👎️ (ein Minuspunkt) bewerten.
Im Ergebnis war Option B eindeutig am beliebtesten mit 13 – 3 = 10 Punkten, vor den Optionen C (10 – 4 = 6), D (4 – 3 = 1) und A (3 – 7 = –4).
Damit hat sich Option B durchgesetzt, sodass wir jetzt das Geschwister, de Geschwister, das Elternteil, das Elter, de Elter, das Kind, de Kind und der Nachwuchs empfehlen, jeweils mit den bereits etablierten Pluralformen.