Argumente

Was bringt geschlechtsneutrale Sprache?

Immer mehr Leute wollen über andere Personen sprechen können, ohne diese einer der beiden traditionellen Geschlechtskategorien zuzuordnen. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Einerseits spielt das Geschlecht in unserer modernen Gesellschaft keine so große Rolle mehr wie früher, sodass es immer mehr Menschen natürlich erscheint oder sogar ein Bedürfnis ist, über eine Person zu sprechen, ohne ihr Geschlecht zu erwähnen, genauso wie beim über eine Person nicht ihr Alter, ihre Nationalität oder ihre Hautfarbe preisgegeben werden muss. Zusätzlich dazu hat das Bewusstsein darüber zugenommen, dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt. Mehr dazu hier.

Wieso nicht beim bisherigen Gendern bleiben?

Natürlich könnte argumentiert werden, dass es bereits Lösungen für dieses Bedürfnis nach geschlechtsneutralen Formen gibt, z. B. das Gendern mit Sonderzeichen (Student*innen) oder Ausweichformen (Studierende). Die Sonderzeichenlösungen werden allerdings oft aufgrund von reduzierter Lesbarkeit, Aussprechbarkeit, Verständlichkeit und Barrierefreiheit kritisiert, während keine der Ausweichformen einheitlich auf alle Personenwörter übertragbar ist und bei manchen Personenwörtern nicht einmal eine naheliegende Ausweichform existiert. Mehr dazu hier. Das De-e-System ist darauf ausgelegt, keines dieser Probleme mit sich zu bringen.

Wieso nicht beim generischen Maskulinum bleiben?

Zurzeit ist das generische Maskulinum die üblichste Weise, im Deutschen bei Personenwörtern Geschlechtsneutralität zu implizieren. Das bedeutet, dass die grammatisch männlichen Formen in geschlechtsneutraler Bedeutung verwendet werden:

Wenn ein Student mit seinen Kommilitonen zusammen arbeitet, kann er schnell Freunde finden.

Dieser Satz soll generell für Studenterne gelten, egal welchen Geschlechts, doch wegen der Beschaffenheit des deutschen Sprachsystems wird die grammatische Form verwendet, die beim Sprechen über eine spezifische Person diese eindeutig als männlich ausweist:

Der Student hat einen guten Freund gefunden.

Dieser Satz würde von den meisten so interpretiert werden, dass beide erwähnten Personen männlich sind. Spätestens beim Sprechen über eine spezifische Person eignet sich das Maskulinum also nicht mehr, um das kommunikative Bedürfnis zu erfüllen, das wir im ersten Abschnitt angesprochen haben. Aber auch schon die seine generische Verwendung wird von vielen kritisiert. Mehr dazu hier.

Kann sich so etwas überhaupt durchsetzen?

Ein weiteres Argument, das häufig gegen unseren Ansatz vorgebracht wird, stellt infrage, ob sich ein auf diese Weise erstelltes Sprachsystem überhaupt in der deutschen Sprachgemeinschaft durchsetzen kann. Uns ist wichtig zu betonen, dass wir unser System niemand aufdrängen wollen. Es ist lediglich ein Angebot an all diejenigen, die eine praktikable Alternative zum Gendern im Deutschen vermissen. Unser mittelfristiges Ziel ist es, dass das De-e-System einen ähnlichen Status erreicht, wie ihn zurzeit das Gendern mit Sonderzeichen innehat. Ob und wann sich das verwirklicht und wie es danach weitergehen wird, können wir noch nicht sagen, doch wir sehen es definitiv als Möglichkeit an. Mehr dazu hier.

Vergleich mit anderen Sprachen

Auch in anderen Ländern ist dieses Bedürfnis nach geschlechtsneutralen Ausdrücken in den letzten Jahren gewachsen, sodass sich bereits in mehreren Sprachen neue Ausdrucksweisen verbreitet haben: So findet auf Englisch seit einigen Jahren der Gebrauch von they im Singular immer stärkere Akzeptanz, während sich auf Schwedisch das geschlechtsneutrale Pronomen hen etablieren konnte und auf Spanisch die neue Endung ‑e auf dem Vormarsch ist. In manchen Sprachen wie Finnisch, Türkisch, Indonesisch, Suaheli und gesprochenem Chinesisch sind schon seit jeher geschlechtsneutrale Begriffe und Pronomen üblich, sodass dort keine oder kaum sprachliche Innovation notwendig ist. Mehr dazu hier.

Beispiele für geplanten Sprachwandel

Wer nach den letzten beiden Abschnitten und den dort verlinkten Seiten noch immer nicht überzeugt ist, dass unser Unterfangen eine Chance auf Erfolg hat, sei darauf hingewiesen, dass es mehrere Präzedenzfälle gibt für Sprachwandel, der sich nicht unbewusst und allmählich vollzogen hat, sondern durch bewusste Eingriffe, auch auf der Ebene von grammatischen Elementen wie Pronomen. Zum Beispiel wurde im 19. Jahrhundert im Ungarischen ein neues Pronomen für die höfliche Anrede bewusst eingeführt, im 20. Jahrhundert wurde im Norwegischen die Reihenfolge von Zahlenwörtern bewusst geändert, und in den 2010er Jahren hat sich im Schwedischen ein erstmals 1966 vorgeschlagenes geschlechtsneutrales Pronomen in den allgemeinen Sprachgebrauch etabliert. Mehr dazu hier.

Gibt es nicht wichtigere Dinge?

Schließlich wollen wir noch auf den Kritikpunkt eingehen, dass wir mit unseren Bemühungen für praktikable geschlechtsneutrale Sprache uns und andere von drängenderen Angelegenheiten wie Klimawandel, Krieg und Hungersnot ablenken. Wir sind uns dieser Probleme natürlich bewusst und tragen außerhalb des Vereins auch etwas zu ihrer Lösung bei. Aber wir glauben, dass alle Menschen ihre Energie am besten in den Bereich investieren sollten, in dem sie aufgrund ihrer Talente und Interessen am meisten bewirken können. Daher setzen wir uns für die Überwindung sprachlicher Diskriminierung ein. Mehr dazu hier.

Alternativen

Neben unserem Vorschlag gibt es viele weitere Ansätze für geschlechtsneutrales Deutsch. Unter dem Menüpunkt SpracheAlternativen führen wir einige davon auf und geben eine Übersicht über verschiedene Argumente für und besonders gegen sie.

Die Seite Alternative Formen trägt einige Einzelformen und Gesamtsysteme zusammen, die auf ähnliche Weise funktionieren wie das De-e-System.

Auf dieser Seite legen wir dar, warum es aus unserer Sicht keine Option ist, die bisher maskuline Grundform (z. B. Lehrer) als allgemein geschlechtsneutral zu deklarieren und eine gesonderte Form für männliche Personen einzuführen (z. B. Lehrerich).

Ein paar Ansätze verwenden auch das Neutrum als geschlechtsneutrales Genus für Personen (z. B. das Lehry, Entgendern nach Phettberg). Hier erklären wir, warum wir das für keine gute Idee halten.